Montag, 5. Dezember 2011

once upon a teatime

Er saß ihr gegenüber, an ihrem heiß geliebten Holztisch, der schon so viele Kratzer und andere, tiefere Kerben hatte.
Sie hatte ihn auf einem dieser unzähligen Flohmärkte gekauft, die sie gemeinsam besucht hatten.
Einen dieser unzähligen Flohmärkte, an denen sie ihn um 4 Uhr morgens aus dem Bett schleifen musste.
"Ich weiß, dass dir kalt ist, ich sehs dir an!", er drückte sie enger an sich und sie genoss seine Wärme. Dann deutete er auf ebenjenen Tisch und ihre Augen leuchteten.
Sie umklammerte ihre Teetasse, ein Fundstück aus den tiefen Abgründen des Dachbodens ihrer Großmutter, den sie zusammen an einem verregneten Tag durchwühlt hatten um sich die Zeit zu vertreiben.
Staub wirbelte damals auf, brachte sie beide zum husten und gleichzeitig zum lachen, wenn sie sich durch die Staubwolken ansahen.
Wenn sie an ihm vorbei sah, entdeckte sie die alten schwarz-weiß Radierungen ihres Urgroßvaters auf tannengrüner Wand, die ihr ihre Mutter zu ihrem Auszug geschenkt hatte, sie zeigten Jagdszenen aus dem 19. Jahrhundert.
"Weiter nach links! - Nein doch wieder ein bisschen nach rechts! - Und jetzt noch etwas nach oben!"
Er seufzte, lies den Rahmen sinken und schmunzelte.
"Du kleine Perfektionistin!"
Im Augenwinkel sah sie, wie er versuchte einen Satz zu formen, dann aber verzweifelt inne hielt und aufgab.
Sie sah an sich hinunter, nur um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen.
Und sah, dass sie heute den grauen Spitzenrock trug, den sie damals in Berlin in einem kleinen, versteckten Second-Hand-Laden in einer Seitenstraße erstand als sie beide vor einem Schneesturm flüchteten.
Er zog sie an ihrer Hand in den Schutz einer Gasse.
"Wir hätten wohl doch lieber im Sommer fahren sollen?", sagte er.
"Aber nicht doch, Winter ist perfekt!", der Berlinausflug war eine seiner spontanen Ideeen, für die sie ihn so liebte.
"Komm wir verschwinden hier für eine Weile...", dabei hielt er für sie eine gläserne Tür mit goldenen Rahmen auf. Und mit einer kleinen Schneeböhe betraten sie das kleine Geschäft.

All diese Dinge, die für sie Geschichten erzählten.
Es musste wohl Schicksal sein, dass gerade an diesem Tag das Leben eine weitere Geschichte schreiben würde. Oder sollte sie sagen, zu Ende bringen würde?
Sie öffnete ihre Lippen, wollte sie ihm doch noch so viel erzählen.
Doch sie schloss sie wieder, wusste sie doch was jetzt kommen würde.
Sie sah nicht auf, als er das letzte mal ansetzte.

"Es wird wohl besser sein, wenn ich jetzt gehe..."

Sie blinzelte, suchte nach den passenden Worten. Sie suchte und suchte und suchte, doch sie fand sie nicht, die Worte, die sie stark erscheinen ließen.
Die Wohnungstür fiel ins Schloss.

Freitag, 28. Oktober 2011

strong

Wohin ich sah, sah ich steife Gesichter. Den Mund zusammengepresst. Die Augen auf den feuchten, dicht gewachsenen Rasen gerichtet.
Am Himmel reihten sich dicht an dicht graue, triste Wolken.
Der Wind ging heute besonders stark und wehte allen Anwesenden die Haare um die Ohren.
Meine Freundinnen zogen ihre schwarzen Mäntel neben mir enger um sich. Selbst mich fröstelte, doch ich konnte nicht sagen ob allein der Wind daran schuld war.
Ich richtete meinen Blick nach vorn, vorbei an dem Herr mit grauem Mantel und grünen Hut.
Und da sah ich sie stehen unsere beste Freundin, ihr Blick war noch so viel starrer als jeder der unseren.

Ich sah uns zusammen lachen, vor ein paar Tagen, als wir uns die Krankheitsgeschichten unserer Väter erzählten.

Und nun stand sie hier, neben ihren Schwestern und ihrer Mutter, am Grab.
Wir hatten sie noch nie weinen sehen, und ich möchte fast behaupten sie war wohl schon immer die Stärkste von uns.
Und auch jetzt wahrte sie ihr Gesicht. Während um sie herum Schluchzen zu hören war, blieb ihre Miene ausdruckslos. Keine Träne sah ich in ihren Augen.
Sie trauerte still, wie wir alle sie schon immer kannten.

Ja wahrhaftig, sie ist wohl wirklich die Stärkste unter uns.
Und egal was sie tun wird, wir werden immer stolz auf sie sein, weil sie noch immer den Blick nach vorne richtet und den Kopf nicht hängen lässt, wie es wohl jeder andere in ihrer Situation getan hätte.

Und ihr Vater wird immer stolz auf sie sein, ist sie doch die beste und stärkste Tochter der Welt.





Freitag, 14. Oktober 2011

once upon a teatime

Er saß ihr gegenüber, an ihrem heiß geliebten Holztisch, der schon so viele Kratzer und andere, tiefere Kerben hatte.
Sie hatte ihn auf einem dieser unzähligen Flohmärkte gekauft, die sie gemeinsam besucht hatten.
Einen dieser unzähligen Flohmärkte, an denen sie ihr Gegeüber um 4 Uhr morgens aus dem Bett schleifen musste. Immer wieder versuchte er sie mit einem gemurmelten, ja schon fast gesäuselten "aber das Bett ist so warm!" umzustimmen, doch konsequent war sie schon immer. Sie behielt ihr motiviertes Lächeln bei und zog mit einer geschickten Handbewegung die Decke ein stückweit von seinem Oberkörper.
Doch er startete jedes Mal den Motor, mit ihr auf dem Beifahrersitz - dick eingepackt in drei Pullis, zwei Strumpfhosen und einem Schal, der ihr halbes Gesicht versteckte.
"warum musst du denn immer so früh auf einen flohmarkt, es ist kalt, und leugne das gar nicht erst, dein outfit verrät es! "
"du , und glaub mir, je früher wir fahren, desto schönere wahre finden wir..."

Samstag, 3. September 2011

way

Es war Zeit für sie neue Wege einzuschlagen.
Von allen Seiten hörte sie Ermutigungen.
Sah verständnislosen Kopfschütteln, wenn sie nicht darauf hören wollte, weil sie doch noch so an der alten Gewohnheit festhielt.
Und als sie nun endlich einmal darauf einging um die Stimmen um sie herum verstummen zu lassen, sie zufrieden zu stellen, da wurde es ihr zum Verhängnis.

Ihr Versuchsobjekt griff nach ihrer Hand und sie konnte es ihm nicht abschlagen, weil sie doch "experimentieren" sollte, sich auf etwas neues einlassen sollte.
Und sie sah in sein glückliches Gesicht und spürte nichts.
Sie saß damals mit dem Einen an der gleichen Stelle, was wohl Ironie des Schicksals war, als ihr Bauch wegen der vielen Schmetterlinge regelrecht explodierte und ihr Herz raste als wäre der Teufel hinter ihm her.
Und nun spürte sie nichts davon, kein Herzrasen, keine Schmetterlinge.
Und sie wartete und wartete auf ein Zeichen, doch alles was sie am Ende fühlte war ein schlechtes Gewissen von der besten Sorte.
So fühlte man sich also, wenn man Gefühle anderer ausnutzt, um zu experimentieren, um egoistischerweise zu versuchen selbst glücklich zu sein.


Samstag, 27. August 2011

first time

Das erste Mal seit langer Zeit lies sie wieder jemand fühlen.

home

Er wusste nicht, dass sie schon immer an der untersten Treppenstufe stand, wenn sie die Motorgeräusche seines Wagen hörte, bereit gleich zur Haustür zu sprinten, wenn er die Klingel drückte.
Es war für sie selbstverständlich dann ihre Arme um seinen Hals zu schlingen und verzückt zu schmunzeln, wenn sie ihn begrüßte.
Das wurde für sie zur Gewohnheit, ein Ritual das sie beide pflegten.

"Hallo meine Liebe"
"Hallo mein Lieber"

Sie würden ihren täglichen Spaziergang einlegen, Hand in Hand bei Wind und Regen.
Sie würden stundenlang bei offenen Fenster über Gott und die Welt reden - an Gesprächsstoff hatte es ihnen noch nie gemangelt.
Und wenn sie schweigen wollten, dann lauschten sie dem Treiben dort draußen bis es dunkel wurde, bis die Motten und Fledermäuse um die Straßenlaterne schwirrten und die kühle Nachtluft sie dazu trieb die Decke um sie beide enger zu ziehen.

-

Irgendwann kam dann der Tag an dem seine Arme steif neben seinem Körper herunterhangen, an dem ihr Schmunzeln verebbte und an dem sein ernster Blick sie erschaudern lies.
An dem ihre plötzliche Verwirrtheit für Unsicherheit sorgte.
An dem ihre Augen nicht mehr offen in seine sahen, sondern verlegen den Boden absuchten; nach einem Fehler, den sie nicht begangen hatte.

"Hallo..."
"...hallo"


Der Tag an dem der Spaziergang und alles darauf Folgende ausfiel - für immer.

Seitdem irrt sie ziellos umher.
Sich jetzt an ihn zu erinnern ist für sie wie nach Hause zu gehen.
Doch womöglich ist es Zeit umzuziehen...


Montag, 20. Juni 2011

a few seconds

Sie tänzelte auf einer Klinge, nah am Abgrund.
Sie wusste nicht ob es richtig wäre den Sprung zu wagen,
ob es richtig wäre nicht mehr mit sich zu ringen.
Sie starrte auf seine Lippen, gebannt von seinem Lächeln.
Nein wahrhaftig, er war nicht perfekt, in keinster Weise. Er war nicht der, den sie sich wünschte.
Doch er konnte ihr genau das geben, was sie sich wünschte.
Und als ihr Atem dann nicht mehr stockte, weil sie wieder versuchte klar zu denken, betäubte sein Parfum ihre Sinne. Sie spürte seine Körperwärme. Und er lies sie erinnern, wie es war geborgen zu sein, sicher zu sein und für kurze Zeit, nur für einige Sekunden frei zu sein.
Ihr Verstand lies sie noch einmal kurz zurückzucken,
doch ihr Herz, ihre geheimen Wünsche siegten, und ihre Lippen berührten sich,
seine Finger vergruben sich in ihren Haaren und sie vergaß, wie es war einsam zu sein.
Wenn auch nur für einige Sekunden.


source unknown

Dienstag, 26. April 2011

in a relationship

Wahrscheinlich wird er mit ihr glücklich.
Wahrscheinlich braucht sie diesen Anstoß um weiter zu leben.
Wahrscheinlich fehlte ihr das um endlich wieder glücklich zu sein.
Wahrscheinlich würde sie auch wieder jemanden finden.
Wahrscheinlich hilft es ihr loszulassen.
Wahrscheinlich hätte es früher oder später dazu kommen müssen.
Wahrscheinlich wird sie dadurch noch stärker.
Wahrscheinlich - ja.
Doch es tut verdammt weh.


Samstag, 16. April 2011

truth

"Wie geht es dir?"
"Gut, danke, und dir?"
Wie gern würde sie wollen, dass er erkennt, dass genau das nicht der Fall ist.
Ihr geht es nicht gut. Schon lange nicht mehr.
"Wie geht es dir?
"Es ging mir schon mal besser, vor ein paar Jahren um genau zu sein, als wir noch glücklich miteinander waren. Erinnerst du dich?"

Ohne Umschweife würde sie ihm alles gestehen.
Dass nur er sie so zum Lachen brachte. Dass nur er ihr zu Hause sein konnte. Dass nur seine Arme ihr Sicherheit gaben. Dass nur sein Lächeln so voller Wärme sein konnte. Dass nur er ihr so viel bedeuten konnte. Dass sie seit geraumer Zeit nur ihn lieben konnte.
Das war die Wahrheit. Nichts als die Wahrheit.
Doch mit der Wahrheit konnten sie noch nie gut umgehen.


Sonntag, 10. April 2011

renewable

Es ist ja nicht so, dass sie sich jemanden wünschen würde.
Der ihr eine Haarsträne aus dem Gesicht streicht.
Der ihr tief in die Augen blickt.
Der ihre Hand hält.
Der sie in den Armen hält während sie schläft.
Der all ihre Launen erträgt.
Der ihre Begeisterung teilt.
Der ihren Egoismus hinnimmt.
Der sie in ihren Entscheidungen unterstützt.
Der all ihre Fehler lieb gewonnen hat.
Der sie besänftigen kann, wenn Wut sie übermannt.
Es ist ja nicht so, dass er sie noch immer begeistert,
mit seiner Wortgewandtheit,
seinen Grübchen


Dienstag, 5. April 2011

the door

In ihren Joggningshosen und ihrem XXL-Shirt wartete sie darauf die Haustür öffnen zu können. Einem Fremden.
Zwei Telefonate und eine Stimme, ein fehlender Körper. Natürlich eine angenehme Stimme, doch was sollte sie erwarten?
Es klingelte. Durch das Glas der Tür sah sie verschwommene Umrisse. Groß, dunkelne Haare, graue Jacke.
Sie öffnete. Und nun sah sie ihn genau. Groß, dunkelne Haare, tiefbraune Augen, markante Wangenknochen, perfekter Körper, perfekt angezogen.
Er starrte in mein starrendes Gesicht und seine Mundwinkel fingen an zu zucken. Oh mein Gott, diese Grübchen.
Ab heute war Mathe mein Lieblingsfach.

Donnerstag, 31. März 2011

wrong

Irgendetwas scheint mit ihr nicht richtig zu sein. Nicht in Ordnung.
Ihr Kopf sucht ständig Ausreden.
Ausreden, um sich niemandem anvertrauen zu müssen, niemandem die Hand schütteln zu müssen, niemandem eine Maske zeigen zu müssen, niemanden enttäuschen zu müssen.
Das machte sie nervös, brachte sie dazu von ebendiesen Menschen davonzulaufen, sich panisch zu verstecken. Doch ihre verletzten Gesichter verschwanden nicht, sie tauchten immer wieder vor ihren Augen auf, blickten ihr vorwurfsvoll ins Gesicht.
Sie wusste, dass sie sich ihren Ängsten stellen muss, wusste, dass ihr Versteckspiel nicht richtig war. Doch immer wieder war ihr Unterbewusstsein, ihre Angst stärker und besiegte die Vernunft.
Und doch war auch ihrem Unterbewusstsein klar, sie musste umkehren.


Dienstag, 15. März 2011

habit

Zuerst war es Besessenheit, eine Art Sucht.
Dann war es Liebe, wobei man es wohl Liebeskummer nennen sollte, denn für Liebe war es zu spät.
Und irgendwann schlich sie sich leise davon, die Liebe.
Zog ihre Schuhe aus und schlich auf den Socken, über den Parkett aus ihrem Leben.
Stieß sich hier und da noch einmal an einem Stuhlbein oder einem Tisch.
Dann war sie verschwunden und hatte ihren Platz still und heimlich, in der Hoffnung niemand würde es bemerken durch die Gewohnheit ersetzt.
Das Mädchen fand die Gewohnheit gemütlich, denn sie wollte nichts ändern.
Doch jetzt war es an der Zeit für Veränderungen.
Sie hatte es endlich erkannt.
Da war keine Liebe mehr, es war schlussendlich nichts geringeres als die Gewohnheit, die dringend abgeschafft werden musste.


Sonntag, 6. März 2011

metropolis

Ein Fenster im 7. Stock stand weit offen. Man sah ein Mädchen auf der breiten Fensterbank sitzen. Die Füße angewinkelt.
Die lauwarme Nachluft wehte ihr entgegen. Durch die Haare. Trug den Großstadtlärm zu ihr hinüber. Hinter ihr hörte sie das zufriedene Atmen ihrer Freundinnen, die in ihre Traumwelten abgedriftet waren.
Sie atmete einmal tief ein und seufzte. Etwas weiter hinter dem Park, vorbei am Spielplatz, dort bei den anderen Hochhäuser sah sie die Lichter der Großstadt. Das Leben.
Ihr Blick schweifte ab. Ihre Augen suchten den Mond.
Sie dachte an die vergangenen zwei Tage zurück. An all die Erinnerungen die sie mit ihren Freundinnen nun teilen konnte.
Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
Man konnte wahrhaftig behaupten, dass sie mit sich und der Welt zufrieden war.


Montag, 28. Februar 2011

the others

Sie will aus diesen Traum aufwachen. Der Traum den sie ihr Leben nennen.
Sie will die Erlaubnis haben zu hoffen. Die Erlaubnis für das, was sie eine Illusion nennen.
Sie will an ihn glauben. An ihn, den alle schon längst aufgegeben hätten.
Sie glaubt, dass sie irgendwann einmal eine Liebesgeschichte schreiben darf.
Sie haben erkannt, dass er Angst hat. Angst vor ihr.
Sie wissen, dass er nicht der Typ von Mensch ist, der eine Bindung eingehen könnte.
Sie vermuten. Vermuten, dass ihre Bemühungen umsonst waren.
Sie bemerken, dass die beiden ein Weg gewählt hat, den sie gehen sollen. Gehen müssen.
Und sie wissen, sie wird lernen müssen zu sehen.
Sehen, dass sich Wege kreuzen werden. Nicht jetzt. Nicht heute. Nicht erzwungen. Nicht morgen.
Vielleicht irgendwann. Vielleicht übermorgen.

Samstag, 19. Februar 2011

envy

Ein Satz löst in ihr Zitteranfälle und Übelkeit aus.
Ein Satz beschehrt ihr nasse Augen und Bauchschmerzen.
Ein Satz verrät ihr ihre tiefsten Ängste und geheimsten Wünsche.
Sie dachte sie hätte es damals verloren. Verloren und verlernt.
Aber jetzt zeigt sich dass sie es lediglich vergessen hat.
Die Verlustängste.
Die Schmetterlinge im Bauch.
Den Beschützerinstinkt.
Die Unruhe.
Die Schlaflosigkeit.
Die Wachsamkeit.
Das Zittern.
Die Aufregung.
Die Eifersucht.
Ihre Gefühle jagten ihr Angst ein. Waren ihr beinahe unbekannt. Damit umgehen konnte schwierig werden. Sie musste lernen das Geheimnis zu akzeptieren, das jetzt so offensichtlich war.
Die Liebe.
Meine Damen und Herren. Wir haben uns heute versammelt, um die Geheimnisse ihres Lebens zu feiern. Was? Nein Steine werfen ist nicht erlaubt. Nur Blumen. Oder Geld.


Mittwoch, 16. Februar 2011

carnival II

Etwas in ihr dachte: Bitte sieh mich nicht an. Wenn du es nicht tust, kann ich mich noch abwenden.
Und etwas in ihr dachte: Sieh mich an.
Sie stand stocksteif hinter ihm. Starrte auf seinen Hinterkopf. Starrte so lange bis sie glaubte er würde sich jeden Moment umdrehen.
Sie hörte gebannt auf die Silben, die seinen Mund verließen und glaubte abzuheben.
Sie wollte ihm so viel sagen. So viel erklären.
Doch so viele ihrer Wörter gingen verloren. Sie schlüpften aus dem Mund, verloren den Mut und streiften ziellos umher. Bis sie wie trockene Blätter in den Rinnstein gekehrt wurden.
An trüben Tagen hört sie nun ihren Nachklang. An trüben Tagen erinnert sie sich nun an alle verstrichene Chancen. Alle verstrichenen Möglichkeiten.
Es war an der Zeit.
Es war an der Zeit die Ruder selbst in die Hand zu nehmen.


Samstag, 12. Februar 2011

family

Man sah sie inmitten des Wohnzimmers stehen.
Ihre Miene war ausdruckslos. Ihre Stimme monoton.
In ihren Augen sah man Traurigkeit, Abschied, Vergangenheit.
Das Glänzen war verschwunden. Ein strenger, dünner Strich formte ihre Lippen.
Sie stand hier und blickte zurück auf vergangene Tage.
Sie sah gemeinsame Familienurlaube. Sie sah lachende Gesichter. Sie sah fröhliche Kinder, die im Garten spielten, während die Eltern mit einem stolzen Lächeln auf den Gesichtern zusahen. Sie sah aufgeschlagene Knie und eine tröstende Mutter. Sie sah einen über und über mit Motoröl beschmierten Bruder, der mit einem Schraubenzieher in der Hand neben seinem Vater saß. Sie sah eine glückliche Familie.
Dann lies die jüngste Vergangenheit an ihrem inneren Auge vorbeiziehen.
Sie sah ihre Wut. Sie sah ihre Verzweiflung. Sie sah ihre Beharrlichkeit. Sie sah ihre Gedult. Sie sah ihre Kraft.
Sie sah in den Spiegel.
Sie sah ein Mädchen, das ihr plötzlich so fremd war. Sie sah ein Mädchen, das in einer Familie lebte, die nun plötzlich keine mehr war.


family

Man sah sie inmitten des Wohnzimmers stehen. Das Zentrum des Hauses.
Ihre Miene war ausdruckslos. Ihre Stimme monoton.
In ihren Augen sah man Traurigkeit, Abschied, Vergangenheit.
Das Glänzen war verschwunden. Ein strenger, dünner Strich formte ihre Lippen.
Sie stand hier und blickte zurück auf vergangene Tage.
Sie sah gemeinsame Familienurlaube. Sie sah lachende Gesichter. Sie sah fröhliche Kinder, die im Garten spielten, während die Eltern mit einem stolzen Lächeln auf den Gesichtern zusahen. Sie sah aufgeschlagene Knie und eine tröstende Mutter. Sie sah einen über und über mit Motoröl beschmierten Bruder, der mit einem Schraubenzieher in der Hand neben seinem Vater saß. Sie sah eine glückliche Familie.
Dann lies die jüngste Vergangenheit an ihrem inneren Auge vorbeiziehen.
Sie sah ihre Wut. Sie sah ihre Verzweiflung. Sie sah ihre Beharrlichkeit. Sie sah ihre Gedult. Sie sah ihre Kraft.
Sie sah in den Spiegel.
Sie sah ein Mädchen, das ihr plötzlich so fremd war. Sie sah ein Mädchen, das in einer Familie lebte, die keine mehr war.

Sonntag, 6. Februar 2011

carnival

Ihr pfeifte der Wind um das Gesicht als sie aus dem Auto stieg. Wirbelte ihre Locken durcheinander und lies sie für einen kurzen Moment inne halten.
Wenn sie heute die Vergangenheit einholt wird sie bereit sein. Endlich bereit dem Schicksal seinen Lauf zu lassen. Bereit ihre Gefühle nicht mehr zu unterdrücken.
Sie wird ihm in in die Augen sehen und Stärke beweisen.
Man hörte ihr Absätze auf dem Teer klappern, als sie sich zu ihren Freundinnen in die wartende Schlange stellte.
Es war Fasching, doch sie würde ihre Maske ablegen. Für diesen einen Abend.
Die Füße fingen, sei es vor Kälte oder Nervosität, an zu zittern, dann ihre Hände, die Knie, der Körper.
Warme Gedanken. Sein Körper. Seine Hände. Sein Gesicht. Seine Augen. Seine Stimme.
Man sah wie sich ihre Augen weiteten. Ihr Blick schweifte nach vorne.
Seine Stimme. Seine Augen. Sein Gesicht. Seine Hände. Sein Körper.
Er.


Samstag, 15. Januar 2011

long distance

Immer wieder tauchen Erinnerungen auf und bringen für einen kurzen Moment die Gefühle mit. Die Gefühle die sie nicht mehr empfinden kann.
So sehr sie nach ihnen sucht. Sie hatte sie vor langer Zeit irgendwo vergessen. Hatte sie auf einer Parkbank abgelegt und war weggelaufen.
Sie kann sich nicht eingestehen, dass sie unauffindbar waren.
Sie steht täglich vorm Spiegel und übt das Lächeln. Übt sich darin sorglos zu leben.
Dann und wann vergisst sie sich Sorgen zu machen.
Doch da meldet es sich schon wieder, das Gewissen, ermahnt sie nicht glücklich zu sein. Ermahnt ihr Gehirn auf Hochtouren zu laufen, Lösungen zu finden, für Probleme die nicht die ihren sind.
Probleme die nicht die ihren sein sollten.


Mittwoch, 5. Januar 2011

time goes by

Die Zeit scheint nicht mehr zu stottern, fließt wieder im gewohnten Rhythmus.
Sie steht daneben und sieht zu wie die Menschen ihr Leben leben. Sie will aber nicht bereit sein.
Bereit ein normales Leben zu führen, ohne ihren Stein im Gepäck, den sie schon so lange mit sich herumträgt.
Und trotzdem ist sie nun an diesem Punkt, an dem sie sich entscheiden muss.
Den alten Weg weitergehen.
Oder bereit sein das Problem loszuwerden. Denn sie weiß, dass sie es schaffen könnte, wenn sie es nur genug wollte.
Doch sie würde die Trauer vermissen, die Tränen.
Das Weinen, das sie in den Schlaf sang, ihr Weinen.
Das Schluchzen, das sie weckte, ihr Schluchzen.
Ein glücklicher Mensch sein, ist es das was sie will?
Aber wenn man mal ehrlich ist, welcher Mensch ist schon bedingungslos glücklich?


Samstag, 1. Januar 2011

happy new year

Neues Jahr, alte Leier.
Neubeginn, welch Heuchlerei, denkt das Mädchen, das wie so viele um sie herum ein Sektglas in der Hand hält.
Leute versuchen fröhliche Gesichter zu machen. Natürlich, für Momente kann man Probleme ausblenden. Die Vergangenheit.
Vorausdenken, natürlich, nicht zurück, aber sie weiß, dass auch ihr neues ich die alten Probleme noch mit sich herumträgt. Sie hat bisher noch kein Werkzeug gefunden um den Defekt zu reparieren. Sich zu ändern würde den gewünschten Effekt nicht mit sich bringen, es wäre sinnlos.
Würde sie jemand beobachten, sähe er eine lächelnde Fassade. Sie würde nicht bröckeln, oder sollte sie sagen, nicht mehr?
Stärke beweisen, das tat ihr neues ich, das sich die letzten zwei Jahre in sie eingenistet hat, keine Schwäche zeigen.
"Frohes Neues! Auf dass alles besser wird!", tönte es aus allen Richtungen.
Doch die Vergangenheit ist immer bei ihr und wartet darauf der Gegenwart in die Quere zu kommen.


mein Silvesteroutfit